KAISER CHIEFS
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Es gibt eine Geschichte rund um das siebte, im vergangenen Juli erschienene Kaiser Chiefs-Album „Duck“, die wohl optimal zusammenfasst, mit welcher Stringenz die seit 15 Jahren konstant erfolgreiche Band aus Leeds wieder zu sich selbst gefunden hat. Und diese Geschichte geht so: Kurz vor der Veröffentlichung des Albums fuhr Frontmann Ricky Wilson eine längere Strecke mit der Tube in London und hörte dabei auf Repeat den neuen Song „I Think People Know How to Love Each Other“. Es war der erste Song, den die Kaiser Chiefs für das neue Album geschrieben hatten, und zugleich der letzte, der fertig wurde. Als er nun also in der U-Bahn saß und den fertigen Mix des Songs hörte, dachte er die ganze Zeit nur: „Scheiße, endlich: Wir haben’s geschafft! Wir sind wieder bei uns angekommen!“
So banal diese Erkenntnis klingen mag, so existenziell war sie für den Sänger – denn, wie er in der Rückschau zugibt, über die letzten Jahre hätten sie als Band ziemlich aus den Augen verloren, warum man all das macht. Nämlich: „Um einfach größtmöglichen Spaß an der Musik zu haben, und diesen Spaß auch auf unser Publikum zu übertragen. Ich gestehe, dass uns dieses Gefühl über die Jahre abhanden kam.“ So gesehen sei „I Think People Know How to Love Each Other“ eine direkte Reaktion, ja eine Antithese zu ihrem frühen Hit „Every Day I Love You Less and Less“ und dessen immanente destruktive Stimmung. „Es geht eben jetzt nicht mehr darum, Dinge zu werten und anderen zu erzählen, wie sie ihr Leben zu leben haben. Es geht nur darum zu sagen: So sind die Dinge. Das ist unsere Sicht. Macht daraus, was ihr wollt“, erklärt Bassist Simon Rix.
Die vier Original-Mitglieder Wilson, Rix, Gitarrist Andrew „Whitey“ White und Keyboarder Nick „Peanut“ Baines sowie der seit 2013 zur Band gehörende Drummer Vijay Mistry haben sich die Sache nicht leicht gemacht. Sicher: Seit Anbeginn der Kaiser Chiefs, die aus der bereits Ende der 90er gegründeten Garagerock-Band Parva hervor gingen, ist kommerzieller Erfolg ihr konstanter Wegbegleiter. Alle sieben Alben von ihnen kletterten in die Top 10 der UK-Charts, fünf davon sogar in die Top 3. Allein von ihrem Debütalbum „Employment“ verkaufte die Band in England mehr als zwei Millionen Einheiten, weltweit waren es über vier Millionen – was ihnen einen der wichtigsten Plätze in der so genannten „Class of 2004“ einbrachte. Ihre Tourneen sind stets ausverkauft, die Fans restlos begeistert von jeder neuen Platte, und mit Songs wie „Oh My God“, „I Predict a Riot“, „Ruby“ oder „Never Miss a Beat“ lieferten sie Indie- und Garagerock-Hymnen für das neue Jahrtausend, die so ziemlich jeder kennen dürfte, der handgemachte Gitarrenmusik schätzt. Nur, was hilft dies, wenn die Erfinder dieser brillanten Melodien und stets extrem mitreißenden Konzerte nicht mehr fühlen, was sie da singen?
Dies sei jetzt eben wieder der Fall, erklärt die Band, was letztlich zu einem Album führte, wie sie es schon lange gemacht haben wollten. Ein Album, das laut Rix „wie absolut nichts klingt, das wir bislang gemacht haben, aber gleichzeitig in jedem Ton die typische Kaiser Chiefs-DNA in sich trägt.“ Und dies hört man sofort, kaum dass „Duck“ auf dem Plattenteller liegt. Stärker denn je hat sich die nordenglische Band dabei von dem Drive und Schmiss des guten alten Northern Soul beeinflussen lassen, und auch die für sie so typischen hymnischen Melodien verfügen über einen anderen Vibe als auf den letzten Alben. Nämlich einen, der sehr viel positiver auf die Welt blickt, der puren Optimismus ausstrahlt und damit etwas schafft, was schon viele Musiker als die größte Herausforderung als Songwriter beschrieben: Etwas zu kreieren, das gleichzeitig sehr fröhlich, aber trotzdem gehaltvoll ist.